Stadt-Tunnel und Schwissellinie wieder im Spiel

Ministerpräsident Albig liebäugelt mit Autobahn durch Bad Segeberg - Land will Gerichtsurteil analysieren.
Segeberger Zeitung, 16.11.2013

Kreis Segeberg. Der Bau der A20 bei Bad Segeberg wird vom Land wohl komplett neu überplant. Neben der bislang favorisierten nahe Südumgehung an Klein Gladebrügge vorbei rücken nun wieder einst verworfene Lösungen in den Blickpunkt: die „weitere Südumgehung“ (Schwissel-Linie) und der Tunnel durch Bad Segeberg, den Ministerpräsident Torsten Albig ins Spiel bringt. Dagegen würde allerdings die Stadt Bad Segeberg klagen (siehe Bericht unten). Drei Trassen hatte das Land bei Planungsbeginn in der engeren Wahl - und jetzt erneut: Die Nordtrasse durch Bad Segeberg, teilweise als Tunnel, die nahe Südumgehung und die Schwissel-Linie. Von Gerrit Sponholz

Anlass für die Neuplanung ist ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Es hatte einen Baustopp für die nahe Südumgehung verhängt. Alterna- tive Trassen im Süden seien nicht ausreichend geprüft worden, hatten die Richter kritisiert. Außerdem hatten sie den Planern Versäumnisse beim Schutz der Fledermäuse vorgeworfen, die zu Tausenden im EU-Schutzgebiet des Kalkbergs leben. „Wir werden in Ruhe analysieren, welche Schlussfolgerungen wir aus dem Urteil zu ziehen haben“, sagte Verkehrsminister Reinhard Meyer der SZ. „Klar ist, dass auch die nächsten Abschnitte auf den Prüfstand kommen. Für eine gründliche Analyse müssen wir die schriftliche Urteilsbegründung abwarten.“ Mit der rechnet Pressesprecher Harald Haase in einigen Wochen. Dann soll klarer werden, in welchen Details das Gericht die nahe Südumgehung kritisiert. Denn im Grunde verworfen, so Haase, habe das Gericht sie nicht. Gleichwohl rechnet er damit, dass zu den Folgen des Urteils „mit großer Wahrscheinlich- keit gehört, dass neue Trassen geprüft werden“.

Dazu wird auch der StadtTunel zählen. Ministerpräsident Albig sagte: „Unsere Vorgänger haben sehr früh, vielleicht zu früh, davon Abstand genommen, teurere Trassen als die jetzt gewählte überhaupt zu prüfen.“ DieTunnel-Variante sei „technisch gar nicht so unsinnig“. Sie sei aber einst als zu teuer verworfen worden. „Am Ende kann es aber noch teurer werden, wenn erst mal überhaupt nicht gebaut werden kann.“ Das Verkehrsministerium warnt davor, die Tunnelvariante nun als Favoriten zu sehen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie gebaut werde, hält Pressesprecher Haase für „gering“. Ausschließen wollte er sie aber nicht: „Sie muss mitbetrachtet werden.“

Selbst mit einem Mini-Tunnel mit 200 Meter Länge wäre die A20-Variante für den Bund bereits um 32 Millionen Euro teurer - gerechnet mit den alten Daten. Die nahe Südumgehung soll rund 150 Millionen Euro kosten.

Das Gericht hatte den Planern zugestanden, dass „sich die Behörde aus von ihr näher dargelegten - insbesondere städtebaulichen - Gründen gegen die Variante einer Stadtautobahn durch Bad Segeberg entscheiden durfte“. Dagegen durften Trassenvarianten südlich der Plantrasse nicht ohne Weiteres ausgeschieden werden, urteilte das Gericht. „Ob und inwieweit ökologische oder verkehrstechnische Gründe solche Trassenführungen ausschließen, hätte einer genaueren Untersuchung bedurft.“ Vor allem, ob eine andere Trasse unschädlicher wäre für das unter Schutz stehende Travetal bei Bad Segeberg.

Ohne dass sie benannt wurde, ist nun die weite Südumgehung (Schwissel-Linie) erneut ins Gespräch gekommen .Sie war schon 1975 mal ange- dacht als Teil der nie gebauten Küstenautobahn A22. Die Schwissel-Linie würde im weitem Bogen von Weede kommend zwischen Klein Gladebrügge und Traventhal hindurch oder südlich von Traventhal entlang führen in Richtung Westen. Eine Brücke an der A21-Anschlussstelle Schwissel war im Vorgriff dafür vor Jahrzehnten sogar schon gebaut worden. Diese Linie hatte das Land einst verworfen. Der Weg zwischen Lübeck und Kiel würde weiter, so dass viele Autofahrer womöglich durch Bad Segeberg abkürzen. Mit der nahen Südumgehung würden 12000 Anlieger in Wittenborn,Wahlstedt und Fahrenkrug erreicht, mit der Schwissel- Linie nur 3000. Und ein Problem heute: Der nächste Abschnitt von Wittenborn zur A7, der fast vor der Baureife steht, müsste komplett neu geplant werden. Außerdem hatte sich Groß Gladebrügge damals gegen die Schwissel-Linie gewehrt; sie würde die Ortsteile Klein Gladebrügge und Traventhal durchschneiden, hieß es. Das Argument gilt nun nicht mehr. 1998 haben sich die Dörfer getrennt.

Zoff um Trasse: Notfalls will Bad Segeberg klagen

von Gerrit Sponholz Das Land muss die A20-Trassen neu prüfen. Die Region Bad Segeberg ist sich uneins über die nun beste Lösung. „Es spricht jetzt viel mehr für die Stadtvariante durch Bad Segeberg“, sagt Arne Hansen, Bürgermeister von Klein Gladebrügge und engagierter Naturschützer. Er hatte vor dem Bundesverwaltungsgericht gewonnen. Das Land muss die A20-Trassenplanung überdenken und den Fledermausschutz verbessern. Eine Stadtautobahn aber lehnt Bad Segeberg strikt ab, würde notfalls sogarklagen.

Eine dritte Alternative ist - neben Tunnel und der bislang geplanten engen Südumgehung - die weite Südumgehung (Schwissel-Linie). Sie sieht Hansen kritisch. „Das ist auch ein hochsensibler Bereich.“ Das Travetal dort sei ebenfalls geschützt. Eine riesige Brücke würde das Landschaftsbild zerstören. Und würde die A20 weiter über dieA21 in Richtung Westen geführt, müsste sie das Schutzgebiet Mözener Au queren. Hansen sähe am liebsten gar keine A20. Wenn schon, dann sollte sie durch Bad Segeberg führen auf der jetzigen B206-Trasse. Die Natur würde mit der Tunnellösung weniger be- einträchtigt. „Diese Variante würden die Naturschutzverbände nicht beklagen.“ Weil die Kosten für die Südumgehung wohl höher würde als bislang geplant und viel weitere Planungszeit nötig wäre, dürfte jetzt der Stadt-Tunnel „nicht unbedingt teurer“ als die nahe Südumgehung werden, meint Hansen.

Eine Entwurfsplanung liege überdies schon vor. Der Lärm für die Stadtbewohner sinke, die Ortsdurchfahrt bliebe in Verantwortung von Land und Bund, die Stadt also von teuren Straßenunterhaltungskosten befreit. Und die Städte Lübeck und Kiel würden auf kürzerem Wege miteinander verbunden, wie vom Land gewünscht. Hansen plädiert dafür, dass sich alle Beteiligten an einem Runden Tisch zusammensetzen und nach Lösungen suchen. Hansen rechnet für die Neuplanung des Landes mit einem Zeitraum von „nicht unter drei bis vier Jahren.“ Allein schon, weil die Fledermausschutz-Planung zwei Jahre dauere. Und weil das Land 10 der 30 Stellen in der Straßenbauplanung abgezweigt hat für die Planung der großen Stromtrassen.

Harald Haase, Pressesprecher des Verkehrsministeriums, räumt ein: „Das nimmt uns Flexibilität bei der Planung.

Bad Segebergs Bürgermeister Dieter Schönfeld lehnt die A20 als Stadtdurchfahrt vehement ab. Als „ultima ratio“, also notfalls, würde er der Stadtvertretung vorschlagen, dagegen zu klagen. Bei der Tunnellösung müsste unter anderem der alte Bahnhof abgerissen werden. Zu- und Ab fahrten zu Betrieben wären abgeschnitten. „Das wäre verheerend für die Wirtschaft.“ Außerdem wäre der Tunnel nur kurz. .....
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