Fledermaus stoppt A20-Bau

Bundesverwaltungsgericht gibt Naturschützern Recht – Minister rechnet mit mindestens zwei Jahren Verzögerung

Von Ulf B. Christen
Segeberger Zeitung, 7.11.2013

Leipzig/Kiel. Der Weiterbau der A 20 wird durch Fledermaus und Haselmaus um mindestens zwei Jahre verzögert. Diese Prognose wagte Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) gestern mit Blick auf den vom Bundesverwaltungsgericht Leipzig verhängten Baustopp für die Trasse bei Bad Segeberg. Aufgrund des Zeitverzugs revidierte Meyer gegenüber unserer Zeitung zugleich das Versprechen der Regierungskoalition, die A 20 bis 2017 bei Bad Bramstedt an die A 7 anzuschließen. „Das werden wir nicht mehr schaffen.“

Meyer kündigte an, die A 20 trotz des Rückschlags mit Hochdruck weiter zu planen und fertigzustellen. Das Urteil sei „zu heilen“. Davon geht auch der Umweltschutzverband BUND aus, der gemeinsam mit dem Nabu und der Gemeinde Klein Gladebrügge vor dem Bundesverwaltungsgericht siegte. Der 9. Senat erklärte den Planfeststellungsbeschluss für den A 20-Abschnitt Weede-Wittenborn im Süden Segebergs für rechtswidrig und den geplanten Baustart damit für „nicht vollziehbar“. Die Richter begründete den Baustopp mit gleich zwei schweren Versäumnissen des Landes.

Erstens: Der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr habe die Folgen der A 20-Trasse für Deutschlands größte Fledermauskolonie in den nur 1500 Meter entfernten Segeberger Kalkhöhlen nicht ausreichend untersucht.

Zweitens: Der Landesbetrieb habe nicht umfassend genug geprüft, ob angesichts des Eingriffs in das Schutzgebiet Travetal (Haselmaus) eine Alternativroute weiter im Süden Segebergs ökologisch verträglicher sei. Mit Hinweis auf die mangelnde „Alternativenprüfung“ bekam auch Klein Gladebrügge Recht.

Abgewiesen wurden die Klagen der Gemeinde Wittenborn und von Einzelpersonen. Die Umweltschutzverbände feierten ihren Etappensieg in Leipzig. „Wir sind erstmal glücklich“, sagte BUNDLandesgeschäftsführerin Ina Walenda. Ihr Nabu-Kollege Ingo Ludwichowski warf dem Land vor, die seit Jahren von Naturschützern kritisierten Schwachpunkte der Trassenplanung nicht behoben zu haben. „Nicht die Fledermäuse haben die Autobahn verhindert, sondern massive Planungsfehler.“ In Schleswig-Holstein schlug das Anti-A 20-Urteil hohe Wellen. Die Wirtschaft bezeichnete den Richterspruch als Albtraum. Das verkehrspolitische Dilemma mit „Pleiten, Pech und Pannen“ setze sich fort, sagte der Präsident der Unternehmensverbände Nord, Uli Wachholtz. „Wenn dies so weitergeht, können wir in absehbarer Zeit hinter dem Elbtunnel abschließen.“ Die IHK Schleswig-Holstein wertete das Urteil als „herben“ Rückschlag. „Mit der Entscheidung rückt Schleswig-Holstein ein Stück weiter ins wirtschaftsgeographische Abseits“, sagte IHKPräsidentin Friederike C. Kühn. Sie forderte das Land auf, mehr Geld für eine gerichtsfeste Planung der wichtigsten Verkehrstrasse im Norden auszugeben.

Im Landeshaus lief derweil die Debatte darüber an, wer für den Baustopp politisch verantwortlich ist. Minister Meyer und mit ihm SPD und SSW erinnerten genüsslich daran, dass der Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt bei Bad Segeberg aus dem April 2012 stammt. Der damalige Verkehrsminister Jost de Jager (CDU) schob den Schwarzen Peter zurück. „Ich bin nicht verantwortlich für einen Rechtsstreit, der nach meinem Ausscheiden begonnen hat“, sagte er. Abseits standen die Grünen. Sie stärkten den Naturschützern den Rücken. „Politik und Planer sollten endlich begreifen, dass man Straßen nicht mit dem Betonkopf durch die Wand bauen kann.“
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