Wie eine Explosion Bad Segeberg rettete
Hamburger Abendblatt | 12. Oktober 2004
Erinnerungen: Hobbyhistoriker schrieben eine Chronologie von der Zerstörung während der letzten Luftkriegsjahre
Sergeant Robert L. Black: Seine Maschine stürzte bei Rotenhahn auf einen Acker.
Von Frank Knittermeier
Erinnerungen: Hobbyhistoriker schrieben eine Chronologie von der Zerstörung während der letzten Luftkriegsjahre
Sergeant Robert L. Black: Seine Maschine stürzte bei Rotenhahn auf einen Acker.
Von Frank Knittermeier
Kreis Segeberg - Freitag, 13. April 1945 - der Tag, an dem Bad Segeberg einer Katastrophe entging. "Next target on the way" lautete der Befehl, den der amerikanische Bomberpilot erhielt. Und das nächste Ziel auf dem Weg war Bad Segeberg. Zuvor hatte eine US-Bomberstaffel einen Angriff auf Neumünster geflogen, aber die zehn Bomben lösten sich nicht aus dem Schacht der Maschine. Der Pilot lenkte seine Maschine in Richtung Bad Segeberg, peilte den Kirchturm an und warf die Bomben über der Altstadt ab. Und dann geschah etwas, das bis heute unfaßbar ist: Eine der Bomben ist offenbar noch im Flugzeug scharf geworden. Sie flog zusammen mit den anderen Bomben heraus, detonierte aber etwa 100 Meter unterhalb des Flugzeuges. Von der Explosion wurden die anderen Bomben erfaßt, Splitter flogen so hoch, daß sieben Flugzeuge des Geschwaders getroffen wurden. Ein Flugzeug stürzte in Bebensee ab, ein anderes kam bis Ratzeburg. Bad Segeberg war gerettet.
Details dieser Art stehen in einem Buch, daß einige Hobbyhistoriker aus dem Kreis Segeberg recherchiert, verfaßt und als Arbeitskreis Geschichte im Amt Segeberg-Land herausgegeben haben: "Die Straße der Bomber" ist eine bebilderte Chronologie von Wahnsinn, Waffen und Zerstörung während der letzten Luftkriegsjahre im Kreis Segeberg. "Es gibt nahezu keinen Ort, in dem keine Bomben gefallen sind", stellt der Kisdorfer Gemeindepolitiker Peter Schiller (67) fest, der sich schon seit vielen Jahren mit dieser Thematik beschäftigt und zu den fünf Autoren des Buches gehört. "Viele Menschen sind auch in unserer Umgebung umgekommen, sei es durch die Bombardierung oder durch die gegen Ende des Krieges allgegenwärtigen Tiefflieger. Den Titel "Straße der Bomber" haben die Autoren gewählt, weil die alliierten Bomberverbände die nördliche Route durch den Kreis wählten, um große Städte in Norddeutschland anzufliegen oder Berlin und Ostdeutschland zu erreichen.
Zu den eindrucksvollsten Ereignissen dieser Zeit gehört auch die Luftschlacht bei Kaltenkirchen, bei der viele deutsche und amerikanische Luftwaffenangehörige ihr Leben lassen mußten. Ein US-Bombengeschwader wurde hier von einem in Niedersachsen gestarteten deutschen Jagdgeschwader abgefangen, vier Maschinen abgeschossen. Zu den Überlebenden dieses Gemetzels in der Luft gehört Sergeant Robert L. Black: Seine Maschine stürzte bei Rotenhahn auf einen Acker. Von den zehn Besatzungsmitgliedern fanden sieben den Tod. Ein deutscher Pilot rammte mit seinem Flugzeug ein US-Flugzeug. Unter den Toten war auch Pilot Martin Hoskinson, der seine Frau und ein vier Monate altes Kind hinterließ. Seine Tochter stellte den Autoren des Buches ein Bild ihres Vaters, den sie selbst nie kennengelernt hat, zur Verfügung.
In dem Buch "Die Straße der Bomber" wird über die Flugplätze im Kreis Segeberg und über Truppen, die hier stationiert waren, berichtet. Der geschichtliche Überblick wird durch Einzelschicksale ergänzt und auf eine menschliche Ebene gehoben. "Archivmaterial war ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit, aber erst die persönlichen Schilderungen machen die Erinnerungen lebendig", sagt Peter Schiller, der das Buch zusammen mit dem inzwischen verstorbenen Edgar Winter (67) aus Geschendorf, Dieter Harfst (63) aus Westerrade, Michael Sappl (51) aus Bad Segeberg und Olaf Weddern (33) aus Latendorf verfaßt hat.
Beschrieben wird der letzte Flug eines deutschen Jägerpiloten, der gegen Ende des Krieges recht bedeutende Militärflughafen Kaltenkirchen, der Scheinflugplatz Klein Kummerfeld und die Luftnachrichtengruppe in der Region. Beiträge über abgestürzte und notgelandete Flugzeuge ergänzen die Schilderungen über den Luftkrieg im Kreis Segeberg. Recherchiert wurde beim Landesarchiv Schleswig-Holstein, im Militärarchiv Freiburg sowie in den nationalen Archiven von England und USA.
Das 278 Seiten starke Buch "Der Luftkrieg in unserer Region" kostet 14,50 Euro. Es kann bei Hans Rahlf, Bussardweg 52, in 23795 Bad Segeberg (E-Mail: hansrahlf@aol.com) bezogen werden.
erschienen am 12. Oktober 2004 in Norderstedt
Details dieser Art stehen in einem Buch, daß einige Hobbyhistoriker aus dem Kreis Segeberg recherchiert, verfaßt und als Arbeitskreis Geschichte im Amt Segeberg-Land herausgegeben haben: "Die Straße der Bomber" ist eine bebilderte Chronologie von Wahnsinn, Waffen und Zerstörung während der letzten Luftkriegsjahre im Kreis Segeberg. "Es gibt nahezu keinen Ort, in dem keine Bomben gefallen sind", stellt der Kisdorfer Gemeindepolitiker Peter Schiller (67) fest, der sich schon seit vielen Jahren mit dieser Thematik beschäftigt und zu den fünf Autoren des Buches gehört. "Viele Menschen sind auch in unserer Umgebung umgekommen, sei es durch die Bombardierung oder durch die gegen Ende des Krieges allgegenwärtigen Tiefflieger. Den Titel "Straße der Bomber" haben die Autoren gewählt, weil die alliierten Bomberverbände die nördliche Route durch den Kreis wählten, um große Städte in Norddeutschland anzufliegen oder Berlin und Ostdeutschland zu erreichen.
Zu den eindrucksvollsten Ereignissen dieser Zeit gehört auch die Luftschlacht bei Kaltenkirchen, bei der viele deutsche und amerikanische Luftwaffenangehörige ihr Leben lassen mußten. Ein US-Bombengeschwader wurde hier von einem in Niedersachsen gestarteten deutschen Jagdgeschwader abgefangen, vier Maschinen abgeschossen. Zu den Überlebenden dieses Gemetzels in der Luft gehört Sergeant Robert L. Black: Seine Maschine stürzte bei Rotenhahn auf einen Acker. Von den zehn Besatzungsmitgliedern fanden sieben den Tod. Ein deutscher Pilot rammte mit seinem Flugzeug ein US-Flugzeug. Unter den Toten war auch Pilot Martin Hoskinson, der seine Frau und ein vier Monate altes Kind hinterließ. Seine Tochter stellte den Autoren des Buches ein Bild ihres Vaters, den sie selbst nie kennengelernt hat, zur Verfügung.
In dem Buch "Die Straße der Bomber" wird über die Flugplätze im Kreis Segeberg und über Truppen, die hier stationiert waren, berichtet. Der geschichtliche Überblick wird durch Einzelschicksale ergänzt und auf eine menschliche Ebene gehoben. "Archivmaterial war ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit, aber erst die persönlichen Schilderungen machen die Erinnerungen lebendig", sagt Peter Schiller, der das Buch zusammen mit dem inzwischen verstorbenen Edgar Winter (67) aus Geschendorf, Dieter Harfst (63) aus Westerrade, Michael Sappl (51) aus Bad Segeberg und Olaf Weddern (33) aus Latendorf verfaßt hat.
Beschrieben wird der letzte Flug eines deutschen Jägerpiloten, der gegen Ende des Krieges recht bedeutende Militärflughafen Kaltenkirchen, der Scheinflugplatz Klein Kummerfeld und die Luftnachrichtengruppe in der Region. Beiträge über abgestürzte und notgelandete Flugzeuge ergänzen die Schilderungen über den Luftkrieg im Kreis Segeberg. Recherchiert wurde beim Landesarchiv Schleswig-Holstein, im Militärarchiv Freiburg sowie in den nationalen Archiven von England und USA.
Das 278 Seiten starke Buch "Der Luftkrieg in unserer Region" kostet 14,50 Euro. Es kann bei Hans Rahlf, Bussardweg 52, in 23795 Bad Segeberg (E-Mail: hansrahlf@aol.com) bezogen werden.
erschienen am 12. Oktober 2004 in Norderstedt