Flüchtlingsunterkunft abgebrannt

Großeinsatz in Högersdorf mit 130 Feuerwehrleuten – Bewohner konnten sich selbst retten – Brandursache unklar
Segeberger Zeitung, 25.04.2020 VON NADINE MATERNE

HÖGERSDORF. Das Wohnhaus, eine alte, umgebaute Scheune, steht am Morgen nach dem Feuer nur noch als Ruine am
Dorfplatz in Högersdorf.
Wehrführer Rüdiger Bruhn und ein paar Kollegen der Freiwilligen Feuerwehr halten noch bis
Mittags Brandwache. Es ist ruhig geworden nach einer dramatischen Nacht.
Fast 130 Feuerwehrleute von elf Wehren kämpften stundenlang gegen die Flammen in der Flüchtlingsunterkunft. Alle elf Bewohner, darunter eine Familie mit vier kleinen Kindern, konnten sich rechtzeitig retten.

Die Brandursache ist bisher unbekannt. Die Polizei ermittelt.
Kurz vor drei Uhr in der Nacht auf Freitag heulte die Sirene durch das Dorf. „Feuer mittel“ stand um exakt 2.50 Uhr auf dem Pieper von Einsatzleiter Rüdiger Bruhn. Dorfstraße 17. Die Flüchtlingsunterkunft. „Da fährt man immer mit einem unguten Gefühl hin“, sagt Bruhn. Nicht, weil es eine Flüchtlingsunterkunft ist. An eine Brandstiftung womöglich mit radikalen Motiven glaubt Bruhn nicht. „Die Gebäude hier sind alt und es wohnen hier viele Menschen“, begründet er seine anfängliche Sorge.
Gleich nebenan auf dem Hof sei zudem ein privates Kinderheim untergebracht.
Einen Steinwurf entfernt befindet sich die Wohngruppe Högersdorf.

Als die Högersdorfer Wehr kurz nach der Alarmierung am Brandort ankam, „schlugen die Flammen schon rechts aus
dem Gebäude heraus“, schildert Bruhn den ersten Eindruck. Schnell war klar, dass die Alarmierung geändert
werden musste auf Großfeuer.
Sämtliche Wehren aus dem Umland rückten nach Högersdorf aus: Mözen, Bebensee, Kükels,Wittenborn,Bockhorn,
Bark, Fredesdorf, Todesfelde, die Bad Segeberger kamen mit der Drehleiter, dazu der ABCZug des Kreises für die Logistik sowie Rettungsdienst mit fünf Wagen und Notarzt.
Zum Glück, sagt Bruhn, waren die Bewohner schon aus dem Haus geflüchtet, als die Wehren eingetroffen waren.

Es dauerte nur Minuten, bis beide Geschosse und das Dach komplett in Flammen standen. „Das ganze Gebäude ist aus
Holz“, sagt Bruhn. Altes, trockenes Holz. Dazu eine alte Isolierung – in den Wänden und der Zwischendecke mit
großen Hohlräumen. Bruhn deutet auf viereckige Löcher in der Wand. „Dort haben wir reingeschnitten.“ Denn in diesen Zwischenräumen glimmte immer wieder das Feuer auf.
Deshalb wurde das Gebäude schließlich mit Löschschaum eingedeckt. „Das sah hier aus wie Weihnachten“, berichtet
Bruhn. Wie weiße Weihnachten. Auch am Morgen sind noch Reste des Schaums rund um das Gebäude zu sehen.
„Die Schaumdecke erstickt die Flammen“, erklärt der Feuerwehrmann. Er fließt nicht weg wie Wasser, sondern breitet sich in alle Hohlräume aus und bleibt dort. „Da kommen wir mit Wasser gar nicht hin.“
Die Maßnahme hatte Erfolg.
Gegen neun Uhr zeigte die Wärmebildkamera keine Stellen mehr im Haus mit mehr als 30 Grad Celsius an, so Bruhn.
Zur Sicherheit blieb die Brandwache noch bis Mittag.

Für die obdachlos gewordenen Bewohner ist bereits Hilfe organisiert, berichtet Bürgermeisterin Renate Wieck.
„Unten wohnte eine Familie mit vier Kindern. Oben eine Gruppe mit sechs Männern.“ Einersei aber zum Zeitpunkt des
Brandes nicht zu Hause gewesen. Die Feuerwehr habe Feldbetten organisiert und die
Wohngruppe stellte ihren Saal zur Verfügung, dort konnten die Geflüchteten betreut werden,
aber auch die Jugendlichen aus der benachbarten Heimeinrichtung, die evakuiert wurde.
„Die Kinder müssen auch noch eine Nacht dort bleiben“, sagt Wieck. Damit die Räume durchgelüftet werden können.

Beschädigt ist das Nachbarhaus nicht. „Wir haben großes Glück gehabt, das es in der Nacht nahezu windstill war,
so konnten die dicht angrenzenden Nachbargebäude gerettet werden“, sagt Amtswehrführer Jens Finnern.

Für die Flüchtlinge habe das Amt Leezen bereits eine Lösung für die weitere Unterbringung gefunden, berichtet Renate Wieck. Die Familie könne sogar in einer Wohnung im Dorf bleiben, die zufällig frei sei. „Das Amt organisiert bereits Möbel.“
Sie selbst will helfen, Kleinigkeiten wie Töpfe und Pfannen zu besorgen.

Die Bürgermeisterin hat selbst eine lange Nacht hinter sich hat. „Mein Mann hat mich nachts um drei geweckt.“ Als
Wieck aus dem Fenster guckte, „war es nur hell.“ Sofort sei sie aufgestanden, um zu schauen, wo Hilfe möglich ist.
Während 130 Feuerwehrleute stundenlang gegen die Flammen kämpften, organisierten Wieck und zahlreiche
Nachbarn die Versorgung der Einsatzkräfte. „Alle haben ihre Kühlschränke leer geräumt.“
Von der Bäckerei Gräper wurden 200 Brötchen geholt. „Und dann haben wir hier am Fließband Brötchen geschmiert.“ Dafür ist Einsatzleiter Rüdiger Bruhn dankbar. „Auf dem Dorf da klappt das noch.“

Derweil hat die Polizei die Ermittlungen aufgenommen.
Die Brandstelle ist beschlagnahmt. Die Spurensicherung war noch am Morgen vor Ort.
„Bisher haben wir keine Erkenntnisse auf die Brandursache“, sagt Polizeisprecher Steffen Büntjen auf die Frage,
ob Brandstiftung eine mögliche Ursache ist. Der Schaden wird auf einen Betrag im „mittleren sechsstelligen Bereich“
geschätzt.
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